DOKUARTS
Zeughauskino Berlin
10.-27. Oktober 2019
Life as It Is - Miloš Forman on Miloš Forman
Als der Filmhistoriker Robert Fischer vom Tod Miloš Formans erfuhr, fasste er sofort den Entschluss, aus einem unveröffentlichten Gespräch, das er 2000 mit dem Regisseur in New York geführt hatte, einen abendfüllenden Interviewfilm montieren zu wollen. Seine Begegnung mit Forman, in dessen Künstlerbiografie sich die Irrnisse und Wirrnisse des 20. Jahrhunderts widerspiegeln, war ein Glücksfall. In Fischers Interviewfilm zeigt sich Forman nicht nur als begnadeter Erzähler, sondern auch als scharfsinniger Zeitzeuge. Wir erleben Forman, dessen Eltern im Holocaust ermordet wurden, der in der kommunistischen Tschechoslowakei Film studierte und 1968 während der Niederschlagung des Prager Frühlings zur Emigration gezwungen wurde, als einen charismatischen, uneitlen Künstler, der beseelt ist von seinen Stoffen, Filmen, Schauspielerinnen und Schauspielern. Fischer setzt Filmausschnitte sparsam aber wirkungsvoll ein, um einen Künstler zu porträtieren, der von jener Freiheit und jenen viel zitierten Werten zeugt, die Europa mit Amerika verbinden und die heute oft so hohl klingen.
(sth)
Robert Fischer
Robert Fischer, Jahrgang 1954, begann Mitte der Siebzigerjahre über Film zu schreiben und machte sich vor allem mit Buchveröffentlichungen über Alfred Hitchcock, Orson Wel-les, David Lynch, Quentin Tarantino, Jodie Foster, Bernhard Wicki, Jean-Pierre Melville, Rainer Werner Fassbinder, Robert Bresson, André Bazin und François Truffaut einen Na-men. Für seine Übersetzung der Schriften Truffauts erhielt er die französische Kulturaus-zeichnung »Chevalier des Arts et Lettres«. Gemeinsam mit Joe Hembus schrieb er eine Geschichte des »Neuen Deutschen Films«. Nach einem fünfjährigen Zwischenspiel als stellvertretender Leiter des Filmmuseums im Münchner Stadtmuseum, wo er unter ande-rem für die filmische Aufbereitung des Orson-Welles-Nachlasses verantwortlich war, wechselte Fischer 1999 hinter die Kamera. Sein Dokumentarfilm MONSIEUR TRUFFAUT TRIFFT MR. HITCHCOCK wurde auf zahlreichen Festivals und in der Cinemathèque Française in Paris, im Film Forum in New York sowie in der American Cinematheque in Los Angeles gezeigt. Im Jahr 2000 eröffnete sein Dokumentarfilm MILOS FORMAN: KINO IST WAHRHEIT die Forman-Retrospektive beim Filmfest München. FASSBINDER IN HOLLYWOOD (2002) und ERNST LUBITSCH IN BERLIN (2006) wurden ins New Yorker Museum of Modern Art eingeladen. Fischer war 25 Jahre lang als Programmer für das Filmfest München tätig und arbeitet als Consulting Producer u.a. für The Criterion Collection. Im Dezember 2016 wurde er für seine Verdienste um die französische Kultur zum Officier de l’Ordre national du Mérite ernannt.