DOKUARTS
Zeughauskino Berlin
10.-27. Oktober 2019
Sarah Cooper
Sarah Cooper ist Professorin für Filmwissenschaft am King’s College London. Sie veröffentlichte unter anderem die Bücher „Film and the Imagined Image“ (Edinburg University Press 2019), „The Soul of Film Theory“ (Palgrave Macmillan 2013), „Chris Marker“ (Manchester University Press, 2008) und „Selfless Cinema? Ethics and French Documentary“ (Legenda, 2006). Derzeit forscht sie über Blumen im Film.
Nuance und 'Die Botanik der Begierde'
„Die Botanik der Begierde. Vier Pflanzen betrachten die Welt" (The Botany of Desire: A Plant’s-Eye View of the World), Michael Pollans Bestseller aus dem Jahr 2001, wurde 2009 unter der Regie von Michael Schwarz als PBS Dokumentation verfilmt. Der Film erzählt aus US-amerikanischer Perspektive von vier Pflanzen – Apfelbaum, Tulpe, Hanf und Kartoffel – und zeichnet dabei die Entwicklung ihrer symbiotischen Beziehung zu den Menschen nach, die zum Überleben und zur Koevolution beitrug. Obgleich dabei durchaus die Makrokosmen der miteinander verflochtenen historischen, ökologischen, landwirtschaftlichen, kulturellen, ästhetischen und politischen Belange in ihrer globalen Bedeutung thematisiert werden, lenkt der Film, besonders durch seine Form, die Aufmerksamkeit sehr feinsinnig gerade auch auf den Mikrokosmos. Der Untertitel des Buches evoziert den Blick auf die Welt aus pflanzlicher Sicht; zwar arbeitet der Film mit der Off-Stimme von Frances McDormand und Interviews (unter anderem mit Pollan), aber einige der Aufnahmen versuchen ganz bewusst, eine spezifisch botanische Perspektive erfahrbar zu machen. Der Teil über die Tulpe nutzt etwa die Zeitraffer-Kinematografie, die sich auf kleinste Details einzelner sich öffnender Blüten konzentriert. Mein Vortrag stützt sich auf eben diese formalen Eigenschaften des Films als Ausgangspunkt zur Erkundung der Nuance. Die Aufmerksamkeit richtet sich dabei eher auf das Kleine als auf das Große und er wirft - insbesondere mit Rückbezug auf das Werk von Roland Barthes - die Frage auf, auf welche Weise der genannte Dokumentarfilm erkundet, was es heißt, im Einklang mit der Nuance zu leben – ein ethisches Projekt mit Pflanzen.